Heute morgen flogen wir von Bali auf die Insel Osttimor. Das recht unbekannte Land in Südostasien hat sowohl historisch als auch landschaftlich mehr zu bieten, als man denkt. Vorbei an der Statue des Pabstes Johannes Paul II und dem Tasitolu Lake ging es zur Kathedrale von Dili, die im Jahre 1989 von Pabst Johannes Paul II geweiht wurde. Gegenüber der Kathedrale befindet sich ein Monument, das an den jungen Unabhängigkeitsaktivisten Sebastio Gomes erinnert, der hier 1991 durch indonesische Sicherheitskräfte getötet wurde. Dort fing unser Guide die Erzählung einer Geschichte an, die uns den ganzen Tag auf unseren Stationen begleiten sollte. Es handelte sich aber nicht etwa um eine erfundene Geschichte, sondern um eine wahre Begebenheit, die in nicht allzu ferner Vergangenheit liegt. Nach dem Ende der portugiesischen Kolonialherrschaft und einer gewissen Instabilität auf dem Territorium besetzte 1975 Indonesien das Land. Ab diesem Zeitpunkt war die Bevölkerung Osttimors außergerichtlichen Hinrichtungen, Folter und Hunger ausgesetzt. Der junge Unabhängigkeitsaktivist Sebastio Gomes malte 1991 auf dem Gelände der Kirche Spruchbänder für Demonstrationen und suchte in der Kirche Schutz vor den indonesischen Sicherheitskräften. Als diese jedoch nachts die Kirche stürmten, schossen sie den jungen Osttimoresen an und ließen ihn verbluten.
Nun besuchten wir den Friedhof, wo kurze Zeit nach dem Tod des jungen Aktivisten ein Gedenkmarsch stattfinden sollte, den die Widerstandsbewegung zu einer friedlichen Demonstration nutzen wollte. Allerdings griffen die indonesischen Sicherheitskräfte die Demonstranten an, es wurden mindestens 271 Menschen getötet und 270 weitere verschwanden. Dies ging als Massaker von Santa Cruz in die Geschichte ein. Der britische Journalist Max Stahl konnte das Massaker filmen und die Aufzeichnungen zunächst in einem frischen Grab verstecken. Nach einem Verhör wurde Max Stahl wieder aus der Haft entlassen, holte den Film nachts aus dem Versteck und ließ diesen durch eine Touristin unbemerkt nach Europa bringen. Die Veröffentlichung führte weltweit zu großer Empörung, sodass sich Menschenrechtsorganisationen des Konflikts annahmen und den Druck auf Indonesien erhöhten, die Besatzung zu beenden. Genau an dem Ort zu stehen, wo sich dieses schreckliche Massaker ereignete und die Gräber zu sehen, ließ einen völlig in die grauenhafte Zeit eintauchen.
Allerdings war das noch nicht das Ende unseres "Geschichtsunterrichtes" - als nächstes "durften" wir die unmenschlichen Lebensbedingungen der Osttimoresen während der indonesischen Besatzung sogar für einen ganz kurzen Augenblick am eigenen Leibe erfahren. Wir besuchten ein ehemaliges Gefängnis. Wir sahen Bilder von fast verhungerten Menschen, hörten von den Foltermethoden der indonesischen Besatzer und besuchten originale Gefängniszellen. Nicht in Worte zu fassen war beispielsweise nicht nur die Grausamkeit der Tatsache, dass Kinder gezwungen wurden, ihre Mütter zu foltern, sondern auch, dass in einer wenige Quadratmeter großen Zelle ohne jegliches Licht und ohne Toilette (hierfür gab es lediglich ein Loch in der Ecke, ohne jeglichen Abfluss o.Ä.) 30 Menschen eingesperrt wurden. Nach vorheriger Rücksprache wurden wir für kurze Zeit in den völlig dunklen Raum eingesperrt. Unvorstellbar, hier mehrere Wochen, Monate oder gar Jahre eng zusammengepfercht und mit dem Gestank aufgrund einer fehlenden Toilette zu verbringen.
Schockiert von dem Gehörten, Gesehenen und Erlebten besuchten wir nun die Cristo Rei Statue in Osttimor, um den Tag mit etwas Schönerem ausklingen zu lassen. Die 27 Meter hohe Statue befindet sich auf einem Berg, von dem aus man sowohl zur linken als auch zur rechten Seite einen atemberaubenden Ausblick auf wundervolle Sandstrände hat.
Anschließend ließen wir den Tag am Strand des Beachside Hotels ausklingen und bewunderten den wunderschönen Sonnenuntergang. Nach der Dämmerung wurde am Strand eine Leinwand aufgebaut und ein kleiner Traum ging in Erfüllung: Ein stimmungsvoller Kinoabend am Meer mit den Füßen im weichen, warmen Sand.